Nonstinden — Der Hausberg von Ballstad
StoriesSeptember 2022

Ob zum Wandern, Trailrunning oder als perfekter Foto-Spot: der Nonstinden oberhalb von Ballstad besticht durch einen abwechslungsreichen Aufstieg und ein faszinierendes Panorama über die Inseln der Lofoten.

Es ist Ende Mai, als wir uns das erste Mal in unserem Leben auf den Lofoten herumtreiben und zu unserer Überraschung kann es sogar so weit oben im Norden bereits richtig warm werden. Nach getaner Arbeit sitzen wir deshalb in T-Shirts auf der Terrasse unseres Zuhauses auf Zeit und blicken hinüber zum Nonstinden. Es ist eines dieser typischen Häuschen, die sich hier im hohen Norden an den Küsten entlang reihen — Rote Holzwände, weisse Fensterrahmen und der Blick auf Wasser und Berge. Aber wo sind wir hier eigentlich genau?

Hausberg und Heide über Ballstad

Unsere Hütte liegt in dem ruhigen Fischerörtchen Ballstad im Bezirk Vestvagøy, das eigentlich schon zu den grösseren Dörfern auf den Lofoten gehört, wobei wir „grösser“ wohl eher in Anführungszeichen setzen sollten. Die Halbinsel, auf der Ballstad liegt, ist geprägt von einem Gebirgszug, der von Nord nach Süd verläuft.

Der höchste Gipfel, eher im Norden, ist der 670 Meter hohe Skottinden und die weiteren Zacken und Gipfel ziehen sich bis an das südliche Ende der Halbinsel, wo der Fels mehr oder weniger schroff zur Küste hin ausläuft. Der Nonstinden ist einer dieser Gipfel und liegt direkt oberhalb von Ballstad, das sich an die Westseite des kleinen Gebirgszuges schmiegt und somit gut vor den stürmischen Westwinden geschützt ist. Diese treffen sonst ungebremst vom Atlantik auf die Inselgruppe der Lofoten.

Mit seinen knapp 460 m ü. M. gehört der Nonstinden zwar nicht unbedingt zu den höchsten Gipfeln auf den Lofoten und vermutlich auch nicht zu den eindrücklichsten. Was uns jedoch an diesem direkt aus dem Atlantik aufragenden Berg so gefällt, ist seine Vielseitigkeit. Aber dazu später mehr.

Die Ballstadheia, also die Heide oberhalb von Ballstad, liegt rund 200 m über dem Meer und gliedert den Aufstieg hinauf zum Nonstinden in einen steilen Anfangspart und den weniger steilen Gipfelaufstieg.

Wer uns kennt, der weiss, dass auf der Terrasse sitzen und die Sonne geniessen nicht zu unseren Standardbeschäftigungen gehört. Es dauert also nicht lange, bis es uns in den Fingern, oder vielleicht eher in den Zehen kribbelt. Anstatt also aus dem Liegestuhl hinauf zur Ballstadheia zu schauen, schnüren wir lieber unsere Laufschuhe und nehmen den Aufstieg als Trailrun in Angriff.

Farbkontraste in der rauen Natur

Über Stock(-fisch) und Stein

Unser Ausgangspunkt liegt ganz im Süden von Ballstad, auf der Insel Gjermesøya und unser erstes Hindernis ist kein steiler Aufstieg, sondern der Weg durch stinkenden Stockfisch. Von ca. Februar bis Mai trifft man auf den Lofoten überall auf die traditionellen Holzgestelle, auf welchen die an den Schwänzen zusammengebundenen Fische zum Trocknen hängen. Der Geruch ist teilweise wirklich nicht schön (zumindest für mein feines Näschen) und ein gruseliges Detail: Die Köpfe der Fische werden vor dem Aufhängen abgetrennt und ebenfalls zum Trocknen an die Gestelle gebunden. Sieht ein bisschen gewöhnungsbedürftig aus.

Schnell finden wir den richtigen Pfad zum Nonstinden und befinden uns schon ein paar Meter weiter auf dem Wanderweg. Der steile Aufstieg bringt zum Glück rasch Distanz zwischen uns und dem penetranten Fischgeruch und wir können wieder aufatmen. Die Luft haben wir auch nötig.

Der Anstieg ist steil und je nachdem welche Route man wählt entweder mit ein paar Ketten gesichert oder mit losem Geröll durchsetzt, aber nie wirklich schwierig. Wir entscheiden uns fürs Geröll und gewinnen schnell an Höhe. Nach rund 200 Höhenmetern erreichen wir bereits die Ballstadheia und legen eine kurze Verschnaufpause ein. Vielleicht ist es auch eher eine Panorama-Pause, denn der Ausblick, der sich uns bereits von hier bietet ist schlichtweg genial.

Panoramaaussicht über Vestvagøy auf den Lofoten

Vestvagøy zu unseren Füssen

Ganz rechts liegt unter uns die kleine Insel Gjermesøya, wo unser Hüttchen steht. Weiter links ist die Bucht von Kræmmervika zu sehen und noch ein Stückchen weiter blicken wir bereits auf die Dächer von Ballstad. Im Hintergrund erspähen wir Mortsund auf einer anderen Halbinsel und entdecken den Breitinden und Guratinden, die steil aus dem Meer in die Höhe empor ragen.

Über die Ballstadheia ist es endlich etwas flacher und unser Laufstil – oder zumindest meiner – erinnert endlich wieder mehr an Joggen als an Wandern. 🥵 Mittlerweile haben sich am Himmel ein paar Wolken versammelt, die die ganze Szenerie um uns herum zwar lichttechnisch äusserst interessant gestalten, aber hin und wieder auch die Sonne verschlucken. Da wir hier oben aber nicht mehr vor den kräftigen Westwinden geschützt sind, bläst uns teils ein ziemlich frischen Lüftchen um die Nase und wir versuchen durch Bewegung warm zu bleiben. Der Gipfelaufstieg lässt uns dann auch nochmal richtig ins Schwitzen kommen, denn hier steilt das Gelände wieder etwas mehr auf.

Für die Mühe, um bis auf den Gipfel des Nonstinden zu steigen, werden wir aber definitiv belohnt, denn hier oben wartet eine atemberaubende Aussicht auf uns. Unser Blick wandert über Ballstad und den kleinen Hafen, folgt den Strassen, die von hier oben wie in einer Spielzeuglandschaft aussehen und bleibt an unzähligen Inselchen und Halbinseln hängen. Und trotz Wolken können wir sogar die Gipfel auf dem gegenüberliegenden Festland erkennen.

Eigentlich würden wir am liebsten viel länger stehen bleiben, staunen und entdecken — aber uns ist kalt. Der Wind lässt nicht nach und so treten wir den Rückweg an. In ein paar Minuten sind wir zurück an der Ballstadheia und entscheiden uns diesmal für den mit Ketten gesicherten Wegabschnitt. Nach weiteren 20 Minuten erreichen wir wieder Meereshöhe. Dann heisst es einmal kurz Luft anhalten, durch den Stockfisch huschen und dann haben wir es geschafft. Ein perfekter After-Work Trailrun.

Weite Blicke

Alleskönner mit Weitblick

Mit dem Trailrun wollten wir es beim Nonstinden allerdings nicht belassen. In den nächsten Tagen haben wir den charmanten Gipfel über Ballstad noch das ein oder andere Mal wandernd oder laufend erklommen und Falko hatte sogar noch genügend Kraft und Motivation, um im goldenen Licht der Mitternachtssonne inklusive Fotoausrüstung hinauf zu steigen. Und es hat sich jedes Mal gelohnt. 😊

Egal, welcher Aktivität man am Nonstinden nach geht, der Hausberg von Ballstad ist definitiv einen oder auch mehrere Besuche wert. Und auch wenn er auf den ersten Blick von unten eher unspektakulär wirkt, ist das Panorama von der Ballstadheia und dem Gipfel um so eindrucksvoller.

Informationen zur Route

Wanderung auf den Nonstinden von Ballstad
T3 (E2)

Eine abwechslungsreiche Umrundung und Besteigung des Nonstinden mit fast schon märchenhaft schönen Ausblicken auf Ballstad und die Lofoten.

Zahlen & Fakten

Schwierigkeitsgrad

Ernsthaftigkeit

Zeitbedarf

Aufstieg

581 m

Abstieg

578 m

Höchster Punkt

459 m

Gesamtdistanz

10 km

Region

NorwegenLofoten

Aktivität

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Vom Parkplatz aus folgen wir dem wenig ausgeprägten Weg direkt an der Küste entlang in Richtung Westen. Für die folgenden Kilometer bewegt sich die Route immer am Hang entlang in Richtung der äussersten Landspitze des Brurstolen. Es sind Pfadspuren vorhanden, dennoch empfiehlt es sich, die Augen offen zu halten, um auf dem Hauptpfad zu bleiben. Es gibt immer wieder kleine Abzweigungen, die aber nur hinunter an das Wasser führen. Passagenweise werden Blockfelder gequert, bei denen kleine Steinmännchen bei der Wegfindung helfen.

An der Landspitze gibt es einen wunderschön gelegenen Felsvorsprung wenige Meter neben dem Weg, der zum Pause machen geradezu einlädt. Die Sicht auf das Meer hinaus ist von hier aus genial und wir können Kraft tanken für das nächste Stück des Weges. Dieses führt nun wieder nach Nordwest und um die Landspitze herum. Stellenweise können wir die Hände zum Abstützen benutzen und im Bereich Seglet klettern wir durch einen kleinen tunnelartigen Durchlass zwischen zwei riesigen Steinblöcken, die sich hier vor Jahrhunderten aufgetürmt haben. Nun befinden wir uns auf der Westseite des Brurstolen und folgen dem Weg teilweise sehr steil hinauf auf den 250 Meter weiter oben gelegenen Rücken.

Wer möchte, kann nun hier und rund 20 Minuten nach Süden auf den Gipfel des Brurstolen gehen (teilweise ausgesetzt und kurze, steile Passagen, bei denen die Hände unterstützend gebraucht werden). Ansonsten wenden wir uns nach Norden und folgen dem Weg, der am weitesten links verläuft, in rund 30 Minuten bis auf den Gipfel des Nonstinden. Auch hier geht es teilweise steil zur Sache, der Weg ist allerdings nicht übermässig ausgesetzt.

Vom Gipfel des Nonstinden geht es nun in direkter Linie, anfangs etwas den Grat in Richtung Ballstad folgend hinunter auf die markante Ballstadheia, eine Hochebene rund 300 Meter über dem Meer. Dem gut ausgetretenen Pfad folgend gelangen wir so an die östliche Kante des Plateaus und können hier entweder sehr steil und teilweise mit Ketten gesichert über eine markante Rippe in Richtung Ballstad absteigen oder etwas weiter südlich der neu gebauten Sherpa-Treppe folgen, die uns sicher wieder hinunter leitet.

Je nach Routenwahl leichte bis mittelschwere Wanderung oder Trailrunning-Strecke auf den Nonstinden. Die Umrundung wie in der Routenbeschreibung setzt ein gewisses Orientierungsvermögen voraus. Auf dem Grat in Richtung Brurstolen ist Schwindelfreiheit zwingend nötig. Der Gipfel des Nonstinden bricht in Richtung Ballstad steil ab. Insbesondere bei den teilweise starken Winden in dieser Region sollte das immer berücksichtigt werden.

Als Trailrun wird eine entsprechende Physis vorausgesetzt. Die Anstiege hinauf auf den Nonstinden sind allesamt steil und anstrengend zu laufen. Ebenso ist der Trail rund um den Brurstolen sehr technisch und kein einfacher Wanderweg.

Beste Jahreszeit

April bis Oktober.

Insbesondere der Teil bis zur Ballstadheia und auch zum Gipfel des Nonstinden sind relativ schnell schneefrei. Der weitere Verlauf hinter dem Nonstinden bis zum Munkan ist häufiger noch schneebedeckt, hier kann sich eine grössere Wächte in Richtung Ballstad bilden.

Anfahrt

Von Leknes aus folgt man der Strasse in Richtung Ballstad. An der Verzweigung am Ortseingang von Ballstad geradeaus und für rund zwei Kilometer in Richtung Ballstadlandet. An der Verzweigung in den Kremervikveien rechts abbiegen und der schmalen Strasse folgen, die am Schluss nicht mehr geteert ist und über eine kleine Kuppe zum Parkplatz am Fusse des Nonstinden führt.

Ausgangspunkt

Ausgangspunkt ist der Parkplatz im Kremervikveien direkt neben den Trockengestellen für Stockfisch. Hier startet auch direkt der Aufstieg zur Sherpatreppe am Nonstinden.

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Gut zu wissen

Von der Ballstadheia und dem Nonstinden aus hat man eine gigantische Aussicht auf das norwegische Festland sowie Ballstadt und die Berggipfel in Richtung Norden.

Ballstad ist ein Fischerdorf, was sich unschwer an den Unmengen an Trockenfisch und den Gestellen erkennen lässt.

Die exponierte Lage der Ballstadheia kann zu sehr starken Winden führen. Obwohl die Route relativ kurz ist, sollte man die damit einhergehenden Gefahren nicht unterschätzen.

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Über den Autor Marina Kraus

Marina Kraus
Marina ist am liebsten draussen unterwegs – Schritt für Schritt, bergauf, bergab, mittendrin statt nur dabei. Als Wanderleiterin beim Schweizer Bergführerverband plant und führt sie Touren für unsere Gäste, immer auf der Suche nach besonderen Wegen, aussichtsreichen Pausenplätzen und Momenten, die bleiben. Sie liebt es, gemeinsam mit anderen draussen unterwegs zu sein – egal ob über felsige Grate oder durch tiefgrüne Wälder. Und für alle, die (noch) nicht mitkommen konnten, schreibt sie Geschichten vom Wegesrand: ehrlich, nahbar und mit dem gewissen beAnywhere-Gefühl im Gepäck.
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