Wenn dir das Thema Höhenangst und Unsicherheit beim Wandern vertraut ist, bist du nicht allein. Viele Wanderfreudige kennen das flaue Gefühl im Bauch, wenn der Weg schmal wird oder der Blick in die Tiefe schweift – etwa aus einer Seilbahnkabine. Oft meldet sich dann rasch das Gehirn: Achtung, Gefahr! Kontrollverlust! Raus hier!
Höhenangst – fachlich Akrophobie genannt – ist weit verbreitet. Die Bandbreite der Symptome reicht von leichtem Unbehagen bis hin zu intensiver Panik und kann Menschen jeden Alters und Typs treffen, egal ob Draufgänger oder eher vorsichtig unterwegs. Statistisch gesehen sind Frauen etwas häufiger betroffen als Männer. Klar ist: Höhenangst kann eine Wanderung schnell zur Qual machen und das eigentlich schöne Naturerlebnis durch starke negative Gefühle überlagern.
Höhenangst führt zu Unsicherheit und Unsicherheit verstärkt die Höhenangst. Ein Teufelskreis.
Falko Burghausen
In diesem Artikel werfen wir einen genaueren Blick auf die Unterschiede zwischen Höhenangst und allgemeiner Unsicherheit beim Wandern oder Bergsteigen. Ausserdem zeigen wir dir praktische Lösungsansätze, Methoden und Techniken, mit denen du deine Sicherheit und Selbstständigkeit am Berg gezielt verbessern kannst und werfen einen detaillierten Blick auf das Thema Tourenplanung.
Was passiert bei Höhenangst?
Wenn du an einem potenziellen Absturzpunkt stehst – sei es auf einem ausgesetzten Pfad, einem Balkon oder einem Aussichtsturm – verändert sich deine Wahrnehmung deutlich. Der Abstand zu stabilen, vertrauten Objekten vergrössert sich, insbesondere in der Vertikalen, wodurch deinem Gleichgewichtssinn wichtige visuelle Anhaltspunkte fehlen. Das erschwert die automatische Steuerung des Körpers.
Studien zeigen, dass Personen mit Höhenangst besonders empfindlich auf diese Situation reagieren: sie neigen zu stärkeren Körperbewegungen im Stand (posturale Schwankungen) und haben mehr Mühe, ihr Gleichgewicht zu halten. Die Gleichgewichts- und Lagewahrnehmungssysteme (vestibulär und propriozeptiv) müssen intensiver arbeiten. Bei manchen gelingt das gut, bei anderen weniger effizient. Das Ergebnis ist ein verstärktes Gefühl der Unsicherheit, sei es auf dem Berg oder im Alltag.
Typische Symptome
Die Symptome sind von Person zu Person verschieden. Häufig treten Wankschwindel (kein Drehschwindel), eine stark erhöhte Körperspannung oder Muskelversteifung auf. In extremen Fällen kann es zu Panikattacken kommen, eine gefährliche Reaktion, insbesondere im alpinen Gelände. Weitere typische Anzeichen sind ein beschleunigter Herzschlag, erhöhter Blutdruck, schnelle Atmung, Schweissausbrüche, Zittern oder Übelkeit.
Diese Reaktionen lassen sich evolutionär erklären: ein Sturz aus grosser Höhe konnte früher wie heute das Leben kosten. Entsprechend reagiert unser Körper reflexartig auf die potenzielle Bedrohung.
Wie Höhenangst und Unsicherheit zusammenhängen
Höhenangst führt meist direkt zur Unsicherheit und führt zu einem Kreislauf, der sich schnell verstärkt. Plötzlich wird das sichere Platzieren des Fusses zur Herausforderung. Obwohl der Fuss bereits stabil steht, korrigieren wir mehrfach nach oder versuchen, ihn noch "besser" zu setzen. Die Bewegungen wirken ruckartig und angespannt, einfache Schritte fühlen sich schwer und unkoordiniert an. Oft begleitet von dem Gefühl, von einer unsichtbaren Kraft in die Tiefe gezogen zu werden.
Das liegt daran, dass sich der gesamte Körper durch die Angst versteift. Die Beweglichkeit nimmt ab, ebenso die Fähigkeit, sich an wechselndes Terrain anzupassen. Doch genau das ist beim Wandern zentral, denn jeder Schritt erfordert Agilität und Anpassung an neue Bodenverhältnisse.
Sobald wir unsicher auftreten, steigt das Gefühl von Instabilität. Wir kommen aus dem Tritt, verlieren den Flow und stehen zunehmend wackelig. Und das ausgerechnet in einem Umfeld, das Stabilität verlangt. Das verstärkt die Angst vor dem nächsten Schritt, das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten sinkt weiter.
Dieser Teufelskreis ist hartnäckig, aber nicht ausweglos. Mit gezieltem Training lassen sich sowohl Höhenangst als auch Trittsicherheit für mehr Gelassenheit und Sicherheit auf deinen Touren spürbar verbessern.
Der Blick in die Leere des Horizonts verstärkt die Symptome der Höhenangst
Der fehlende visuelle Bezugspunkt
Ob beim Blick in die Tiefe, über weite Täler hinweg oder beim Abstieg in scheinbare Leere: all diese Situationen haben eines gemeinsam. Anders als auf einem horizontalen Waldboden oder in einer Stadt fehlen hier die stabilen, visuellen Orientierungspunkte, die unserem Gehirn normalerweise helfen, Raum und Bewegung einzuordnen. Unser Blick mag zwar gezielt auf einen Punkt gerichtet sein, doch das Gehirn verarbeitet weit mehr als nur den fokussierten Ausschnitt und analysiert permanent das gesamte Umfeld.
Wenn der Blick nun vom Berg weg in die Weite schweift oder beim Gehen entlang eines Grats rechts und links steil abfällt, bleibt dem Gehirn oft nur der schmale Weg als Referenz. Dazu kommt, dass das Gelände in solchen Situationen meist deutlich anspruchsvoller ist als etwa ein gut ausgebauter Wanderweg oder eine asphaltierte Strasse. Die Kombination aus Höhe, Weite und technischem Anspruch führt schnell zu Überforderung und Unsicherheit.
Eine bewährte Taktik bei akuter Höhenangst besteht darin, sich dem Berg zuzuwenden, also das Gesicht zur Felswand oder zum Hang zu drehen und in die Hocke zu gehen, sich hinzusetzen oder im Extremfall hinzulegen. Das stabilisiert nicht nur körperlich, sondern bietet auch visuell mehr Halt: der Blick bekommt wieder klare, nahe Bezugspunkte, das Gehirn findet Orientierung, und das Sicherheitsgefühl kann sich langsam wieder einstellen.
Typische Situationen am Berg, die Höhenangst auslösen können
Solange man sich auf einem breiten Wanderweg ohne Tiefblicke bewegt, bleibt die Höhenangst meist im Hintergrund. Doch das kann sich schnell ändern, wenn bestimmte Faktoren ins Spiel kommen:
- Schmale und ausgesetzte Wege: Je weniger Platz der Weg bietet, desto stärker kann das Gefühl der Unsicherheit werden. Besonders kritisch wird es, wenn der Untergrund instabil ist oder die Füsse keinen sicheren Halt finden. Solche Situationen sind ein idealer Nährboden für Angstgefühle.
- Gratwanderungen: Ein Grat gilt als Königsdisziplin in Sachen Ausgesetztheit. Geht es zu beiden Seiten steil bergab, fehlen dem Auge klare Orientierungspunkte. Der einzige Halt ist der schmale Weg unter den Füssen, für viele eine echte mentale Herausforderung.
- Steile Querungen am Hang: Wenn der Weg schräg durch eine steile Flanke führt, kommt es auf die Neigung an. Ab etwa 30 Grad wird ein Sturz kaum noch abfangbar, und das weiss unser Unterbewusstsein nur zu gut. Wird der Hang weiter unten noch von einer Felswand abgeschlossen, wie es etwa in den Appenzeller Alpen häufig der Fall ist, verstärkt sich das Unbehagen zusätzlich.
- Leitern, Stege und Metalltreppen: Solche Elemente können, müssen aber nicht zum Problem werden. Manche fühlen sich hier sicherer, weil sie sich festhalten können und einen klaren visuellen Anhaltspunkt haben. Entscheidend ist jedoch oft die Höhe, denn ab einer gewissen Distanz zum Boden wird es auch hier heikel.
- Geröllfelder und instabile Untergründe: Bewegliche Untergründe wie steile Geröll- oder Schneefelder vermitteln Instabilität. Die Füsse finden keinen verlässlichen Halt, der Blick verliert sich in der Weite. Dies ist eine typische Konstellation für das Aufkommen von Höhenangst.
- Brücken: Hängebrücken und ähnliche Konstruktionen können je nach Beschaffenheit und Länge zur Herausforderung werden, besonders wenn sie sich bewegen. Das Gefühl, keinen festen Boden unter sich zu haben, kann für Betroffene schnell beängstigend sein.
- Luftige Passagen auf Gipfeln: Beim Aufstieg richtet sich der Blick meist zur Bergflanke, was visuelle Orientierung bietet. Doch kaum ist man am Gipfel oder bei einem Passübergang angekommen, fehlt plötzlich dieser Bezugspunkt. Der Blick schweift ins Tal, der Halt scheint verloren und genau hier tritt die Höhenangst bei vielen besonders stark zutage, vor allem beim Abstieg.

Wanderungen planen trotz Höhenangst
Wenn du weisst, dass dir ausgesetzte Stellen Mühe bereiten, heisst das nicht, dass du aufs Wandern verzichten musst. Mit etwas Vorbereitung und gezielter Routenwahl lassen sich viele Touren sicher und mit gutem Gefühl unternehmen.
Ein erster Anhaltspunkt ist die Markierung der Wanderwege. Diese variiert je nach Land. In der Schweiz beispielsweise gelten gelb markierte Wege als einfache Wanderrouten ohne ausgesetzte Passagen oder mit gut gesicherten Stellen (Kategorisierung der Schweizer Wanderwege). Rot-weiss-rot markierte Wege erfordern hingegen bereits mehr Erfahrung und Planung, denn hier können längere ausgesetzte Abschnitte enthalten sein. In den Deutschen Alpen und in Tirol orientiert sich die Markierung am Pistenmodell: Blau steht für einfach, rot für mittelschwer, schwarz für schwer Auch hier gilt: Je intensiver du planst, desto besser kannst du unangenehme Überraschungen vermeiden.
Wichtig zu wissen: Die Markierungsfarbe oder Schwierigkeitseinstufung (z. B. T2 oder "mittelschwer") sagt wenig über die tatsächliche Ausgesetztheit eines Weges aus. Hier helfen ergänzend Fotos, Berichte und gute Karten, um ein realistisches Bild der Gegebenheiten zu bekommen.
So planst du deine Wanderung:
- Grundlagenrecherche zur Region: In den Voralpen findest du häufiger wenig ausgesetzte, aber trotzdem lohnende Routen. In steileren Regionen wie den Dolomiten oder im Berner Oberland ist die Wahrscheinlichkeit für exponierte Stellen deutlich höher.
- Verwende hochwertige Karten: Greife auf topografische Karten zurück, wie z. B. Swisstopo, Kompass, Freytag & Berndt oder die Alpenvereinskarten. Achte auf die Klassifizierung der Wege und blende entsprechende Layer ein.
- Topografie analysieren: Schau dir die Karte genau an und versuche, die Geländeform zu interpretieren. Steil abfallende Linien, enge Kurven oder Gratverläufe lassen sich oft gut erkennen und deuten auf potenziell heikle Abschnitte hin.
- Suche nach Bildern und Erfahrungsberichten: Nutze Plattformen wie Hikr.org, Instagram, Komoot oder Bergwelten, um Fotos und Berichte zu Schlüsselstellen deiner geplanten Route zu finden. Diese helfen dir, dich mental auf die Tour einzustellen.
- Plane eine Ausweichroute: Überlege dir einen Plan B für den Fall, dass du dich unwohl fühlst. Gibt es eine Variante über weniger ausgesetztes Gelände, eine Abkürzung oder eine Seilbahn? Notiere dir diese Optionen.
- Informiere dich über Wetter und Bedingungen: Gerade bei Nässe, Schnee oder starkem Wind können Wege deutlich schwieriger werden. Prüfe die aktuellen Verhältnisse und passe die Planung entsprechend an.
- Zeitmanagement: Starte früh genug, um dir unterwegs Zeit lassen zu können. So bleibst du flexibel und gerätst nicht in Stress. Mit genügend Zeitreserven kannst du auch anspruchsvollere Passagen in Ruhe bewältigen und dir am Ende vielleicht sogar noch einen gemütlichen Abschluss gönnen.
Beispielplanung: Fronalpstock (Zentralschweiz, Schweiz)
Als praktisches Beispiel schauen wir uns die Wanderung von der Ortschaft Stoos auf den Fronalpstock (1’921 m) an. Der Fronalpstock bietet eine grandiose Aussicht über den Vierwaldstättersee. Doch besonders auf der Süd- und Südwestseite fällt das Gelände steil ab. Glücklicherweise gibt es mehrere Routen zum Gipfel: via Chlingenstock, über den Huser Stock oder durch das ruhigere Frontal.
Ein Blick auf die topografische Karte liefert erste Erkenntnisse über die möglichen Routen:
Zusammengefasst ergibt sich für die Wanderung auf den Fronalpstock folgendes Bild:
- Die einfache Runde via Frontal und Fronalp umfasst etwa 600 Höhenmeter im Aufstieg bei einer Distanz von ca. 8 bis 9 Kilometern.
- Zwei Sessellifte führen auf den Fronalpstock und den Chlingenstock. Die Betriebszeiten sollten vorab online abgeklärt werden, um sie in die Planung einzubeziehen.
- Die Route durch das Frontal im Aufstieg und via Fronalp im Abstieg stellt eine relativ einfache Überschreitung dar. Zwar gibt es eine kurze, mittelschwere Passage, doch diese liegt im Aufstieg, wo Höhenangst seltener einsetzt, da der Blick meist bergwärts gerichtet ist. Ein Rückzug wäre jederzeit möglich, sodass du dich nicht in eine Sackgasse manövrierst.
- Der Gipfelbereich des Fronalpstock ist breit und über gelb markierte Wege gut gesichert und somit ideal für Personen mit Höhenangst.
- Die Varianten über Huser Stock und Chlingenstock verlaufen über einen teilweise ausgesetzten Grat auf einem rot-weiss markierten Weg. Es bestehen zwar Möglichkeiten für Notabstiege, dennoch ist auf diesen Abschnitten mit Problemen zu rechnen, wenn du anfällig für Höhenangst bist. Eine Bildrecherche im Vorfeld kann helfen, sich mental auf diese Passagen vorzubereiten.
- Bei nassen Bedingungen empfehlen sich ausschliesslich die beiden gelb markierten Routen.
Dank der ausgezeichneten Swisstopo-Karten und der zahlreichen Informationen im Internet lässt sich diese Tour detailliert und sicher planen und Problemem bei Höhenangst vorbeugen.
Beispielplanung: Aggenstein (Tirol, Österreich)
Als nächstes werfen wir einen Blick auf den Aggenstein (1’985 m) – ein beliebtes Ziel sowohl für Wanderer aus dem süddeutschen Raum als auch für Besucher aus dem österreichischen Tannheimer Tal. Der Anstieg erfolgt häufig über die Bad Kissinger Hütte (1’788 m).
Zwar ist das Kartenmaterial für Tirol nicht ganz auf dem Niveau der Schweizer Landeskarten, doch auch mithilfe von Kompass-Karten oder digitalen Plattformen lassen sich potenziell heikle Passagen bereits im Vorfeld gut erkennen. Bereits auf den ersten Blick lassen sich bestimmte Geländemerkmale herausarbeiten, die im Hinblick auf Höhenangst relevant sein könnten:
Fassen wir auch hier die Planung zusammen:
- Die Wanderung umfasst etwa 800 bis 900 Höhenmeter im Aufstieg und eine Gesamtdistanz von rund 8 bis 9 Kilometern.
- Der Aufstieg über Weg Nr. 40, weiter auf Weg Nr. 19/414 in Richtung Bad Kissinger Hütte, wirkt laut Karte nicht besonders ausgesetzt. Einzig ein kurzes Stück vor dem Zusammenschluss mit Weg Nr. 411 ist schwer einzuschätzen.
- Die Bad Kissinger Hütte ist ein idealer Zwischenstopp, um sich vor Ort weitere Informationen zur Wegbeschaffenheit einzuholen.
- Der letzte Anstieg auf den Gipfel ist felsig, vermutlich ausgesetzt und stellt somit ein mögliches Problem dar, besonders bei Nässe und Höhenangst. In diesem Fall kann die Hütte ein lohnenswertes Ziel sein, ohne den Gipfel selbst zu besteigen.
- Der Abstieg über Weg Nr. 411 ist laut Karte nicht exponiert und bietet eine sichere Rückkehrmöglichkeit.
Ein zentraler Unterschied im Vergleich zur Planung in der Schweiz liegt in der Qualität der Karten: Während Swisstopo-Karten ein äusserst präzises Abbild der Landschaft liefern, sind Wanderer in anderen Ländern – etwa in Tirol – stärker auf ergänzende Recherchen und Bildmaterial aus dem Netz angewiesen. Das macht eine sorgfältige Vorbereitung umso wichtiger.
Der richtige Umgang mit Höhenangst während der Wanderung
Höhenangst tritt selten in Alltagssituationen auf. Am Berg sieht das jedoch ganz anders aus. Beim Wandern oder Bergsteigen bewegen wir uns gezielt in Gelände, das mit Absturzgefahr verbunden sein kann. Je nach Wegführung, Sicherung und Zustand des Pfads kann das harmlos oder eben sehr fordernd sein. Besonders ausgesetzte Querungen oder Gratpassagen bringen Betroffene oft an ihre Grenzen.
Doch was kannst du tun, wenn dich die Höhenangst unterwegs überkommt? Wie gelingt es, deinen Körper zu beruhigen, damit du die Kontrolle zurückgewinnst?
Schaffe dir einen Safe Space
Der wichtigste Schritt ist, dem Körper zu signalisieren: Hier kann dir nichts passieren. Das erreichst du am besten, indem du dich hinsetzt oder hinkniest. In intensiven Fällen – wenn das Gelände es zulässt – kann auch Hinlegen helfen. Informiere deine Begleitpersonen, nimm dir bewusst Zeit und akzeptiere, dass dein Körper dir gerade ein klares Stopp-Signal sendet.
Reagiere nicht mit Ärger auf dich selbst und versuche nicht, die Situation zu überspielen. Höhenangst ist nichts, wofür man sich schämen muss. Sie kann jeden treffen, auch routinierte Bergsteiger.
Wichtig ist, dass du dich an einem sicheren Ort in Ruhe hinsetzen kannst, ohne zusätzlichen Gefahren wie Steinschlag ausgesetzt zu sein. Ob du eine Minute brauchst oder fünfzehn – nimm dir diese Pause. Sie ist entscheidend, um den inneren Stresspegel zu senken und wieder klar denken zu können. Erst dann macht es Sinn, zu weiteren Strategien überzugehen.
Kontrolliere deine Atmung
In Stresssituationen atmen wir automatisch schneller. Das erhöht den Stress weiter und verstärkt die Angst. Eine bewusste Atemkontrolle hilft, diesen Teufelskreis zu durchbrechen.
Atme ruhig durch die Nase ein, halte einen Moment inne, und atme dann langsam durch den Mund aus, am besten über fünf bis sechs Sekunden. Wiederhole diese Atmung zehn- bis fünfzehnmal.
Das bewirkt gleich mehrere Dinge: Dein Kreislauf beruhigt sich, dein Puls sinkt, und das parasympathische Nervensystem – der "Ruhenerv" – übernimmt. Er verlangsamt den Herzschlag und senkt den Blutdruck. Gleichzeitig tritt das sympathische Nervensystem, das für die Stressreaktion zuständig ist, in den Hintergrund. Du bringst deinen Körper auf diese Weise Schritt für Schritt zurück in den Normalmodus.
Schaffe dir Handlungsspielraum
Nutze die Pause, um deine Optionen zu überdenken. Abhängig von Situation, Gelände und Begleitung gibt es meist mehrere Möglichkeiten:
- Weitergehen mit Pausen: Setze die Tour mit kleinen Etappen fort. Plane bewusste Zwischenstopps an ungefährlichen, breiteren Stellen ein, etwa in Wegbiegungen oder flachen Abschnitten.
- In der Gruppe richtig positionieren: Wenn du mit anderen unterwegs bist, geh nicht ganz hinten, sondern direkt hinter der erfahrensten Person. Beobachte, wie sie sich bewegt, nutze die gleichen Tritte und orientiere dich an ihrer Sicherheit.
- Umkehren: Auch der Rückweg ist eine völlig legitime Entscheidung und keine Niederlage! Der Berg läuft dir nicht davon. Entscheide objektiv: Bringt dich der Rückweg schneller aus der ausgesetzten Passage als der Weiterweg? Dann ist Umkehren oft die beste Wahl.
- Alternativroute prüfen: Gibt es einen anderen Weg, der weniger exponiert ist? Vielleicht kannst du durch einen kleinen Umweg oder über einen parallelen Pfad sicherer weiterwandern.
Besprich diese Optionen mit deiner Gruppe. Gute Begleitpersonen zeigen Verständnis und stellen dein Wohlbefinden über das Tourenziel. Falls nicht, kommuniziere klar und transparent: In diesem Moment bist du das schwächste Glied der Kette und brauchst Rückhalt, keine Überredung oder Druck.
Evakuierung – vermeide das Worst-Case Szenario
Und was passiert, wenn du vollständig blockiert bist und überhaupt keinen Ausweg mehr siehst?
In dem Fall, dass du weder vor- noch rückwärts kommst und vielleicht weitere Faktoren wie heraufziehendes Schlechtwetter und oder fortgeschrittene Tageszeit hinzu kommen, solltest du dich rechtzeitig für die letzte Option entscheiden: die organisierte Bergrettung. Sie sollte nicht leichtfertig verständigt werden, stellt aber in letzter Instanz die einzige Möglichkeit dar, um schlimmere Szenarien zu vermeiden. Wenn du dich zu diesem Schritt entscheidest, entscheide dich rechtzeitig und nicht erst, wenn bereits die Nacht hereinbricht. Suchflüge sind extrem teuer und aufwändig und ohne entsprechende Versicherung oder Gönnerschaft musst du diese vier- bis fünfstelligen Kosten selber übernehmen.
Achtung, Kostenfalle: eine Evakuierung ist rechtlich keine Rettung! Eine Rettung findet statt, wenn du nach einem Unfall am Berg verletzt bist. Eine Evakuierung ist die Rettung nach einer Blockade, obwohl du nicht körperlich krank oder verletzt bist. Viele Krankenversicherungen bezahlen nur im Falle einer Rettung. Die Evakuierung ist nicht gedeckt und muss in diesem Fall von dir selber bezahlt werden. Es lohnt sich also, eine Gönnerschaft bei Organisationen wie der Air Zermatt oder Rega abzuschliessen, um solchen Fällen vorzubeugen.
Trotzdem ist es am Schluss wichtig und richtig, sich zum Schritt der Alarmierung zu entscheiden, wenn es keine sichere Alternative gibt. Auch die hohen Kosten rechtfertigen es nicht, dass am Ende ein wirklicher Unfall passiert und schwere Verletzungen oder gar der Tod die Folge sein können.
Welche Faktoren verstärken Höhenangst und Unsicherheit beim Wandern?
Höhenangst ist kein festes, immer gleiches Phänomen. An einem Tag wanderst du eine bekannte Strecke völlig entspannt, an einem anderen packt dich die Angst an derselben Stelle. Das liegt daran, dass verschiedene innere und äussere Faktoren einen grossen Einfluss darauf haben, wie stabil du dich fühlst, sowohl körperlich als auch mental.
Einige dieser Einflussgrössen lassen sich bereits bei der Tourenplanung berücksichtigen, zum Beispiel mit Hilfe der 3x3-Filtermethode. Die wichtigsten Punkte im Überblick:
- Stress als Auslöser: Wenn du bereits mit mentaler Anspannung in die Tour startest, ist die Schwelle zur Höhenangst deutlich niedriger. Sorge dafür, dass du entspannt losgehst und plane an stressreichen Tagen eher eine einfache, gut gesicherte Route.
- Technische Überforderung: Wenn du dich im Gelände überfordert fühlst, sinkt das Selbstvertrauen. Wird das dann noch mit Ausgesetztheit kombiniert, entsteht ein gefährlicher Mix aus Unsicherheit und psychischem Druck.
- Schwierige Wegverhältnisse: Nässe, Schnee oder Eis verwandeln selbst einfache Passagen in rutschige Hürden. Wo du dich sonst sicher fühlst, beginnt das grosse Zweifeln und die Angst gewinnt an Raum.
- Witterung und Sichtverhältnisse: Starker Wind, Nebel oder Wolken, die über einen Grat ziehen, erzeugen eine bedrohliche Stimmung. Besonders Wind bringt zusätzlich Instabilität, was die Unsicherheit verstärken kann.
Gerade die letzten beiden Punkte lassen sich mit guter Vorbereitung meist vermeiden. Wer Wetter und Bedingungen im Vorfeld genau prüft und die Route entsprechend anpasst, kann viele potenzielle Angstauslöser von vornherein ausschliessen und damit entspannter in die Tour starten.

Schritt-für-Schritt-Strategien zur langfristigen Verbesserung
Bisher haben wir besprochen, wie du während einer Wanderung mit akuter Höhenangst umgehen kannst. Doch auf Dauer lohnt es sich, an der Wurzel des Problems zu arbeiten, mit dem Ziel, langfristig mehr Gelassenheit und Sicherheit am Berg zu gewinnen.
Dafür braucht es Geduld, aber auch konkrete Strategien. Manche lassen sich gut selbst umsetzen, andere funktionieren besser mit professioneller Unterstützung. Entscheidend ist: Du gehst das Thema aktiv an. Das ist bereits der erste grosse Schritt in Richtung Veränderung.
Sanfte Exposition und kontrolliertes Höhentraining
Der sicherste Weg zur Verbesserung führt über kleine, dosierte Konfrontationen. Statt dich gleich an schwierige Grate zu wagen, startest du mit einfachen Situationen: ein Aussichtspunkt mit Geländer, ein breiter Pfad mit leichtem Gefälle oder eine kurze, gut gesicherte Brücke.
Wichtig ist, dass du dich dabei nie überforderst und jederzeit umkehren kannst. Dein Nervensystem soll lernen: Höhe bedeutet nicht automatisch Gefahr. Mit jeder erfolgreich bewältigten Situation wächst dein Vertrauen und genau dieses Vertrauen ist entscheidend, damit sich dein Gleichgewichtssystem beruhigt und du dich am Berg wohler fühlst.
Gleichgewichtsübungen für mehr Trittsicherheit
Ein gutes Gleichgewicht ist das Fundament für sicheres Gehen im Gelände. Hilfreich sind Übungen mit einem Balancekissen oder auf einer Slackline. Sie sind ideal für zuhause oder im Garten. Bereits wenige Minuten am Tag können einen spürbaren Unterschied machen. Du trainierst nicht nur dein Gleichgewicht, sondern auch dein Körpergefühl. Das gibt dir Sicherheit auf unebenem oder rutschigem Untergrund.
Atemtechniken und mentale Fokussierung
Die Atmung ist ein direktes Tor zum Nervensystem. Besonders bewährt hat sich die 4-6-Atmung: vier Sekunden einatmen, sechs Sekunden ausatmen. Wiederhole diesen Rythmus, bis sich Puls und Gedanken beruhigen. Das reduziert nicht nur Stress, sondern stabilisiert auch deinen emotionalen Zustand.
Zur Fokussierung helfen kurze Body-Scans: Lenke deine Aufmerksamkeit nacheinander auf Füsse, Beine, Rumpf, Hände. Oder wähle einen festen Punkt auf dem Weg direkt vor dir, etwa einen Stein oder eine Markierung, und gehe bewusst Schritt für Schritt darauf zu. Auch leise Selbstgespräche ("Ich schaffe das", "Alles unter Kontrolle") können helfen, den Fokus zu halten und die Angst in den Hintergrund zu rücken.
Mentale Vorbereitung im Vorfeld
Visualisiere im Vorfeld, was dich erwarten könnte. Stell dir konkret vor, wie du eine schmale Stelle erreichst, wie es dort aussieht, wie du dich fühlst und wie du ruhig bleibst. Vielleicht spürst du dabei sogar schon Anzeichen der Angst. Nimm sie bewusst wahr und setze die Atemtechniken aus dem vorherigen Abschnitt ein, noch bevor du draussen im Gelände bist. Mit etwas Übung wirst du feststellen, dass sich dein Körper zunehmend besser beruhigen lässt, auch in der realen Situation.
Umgang mit Rückschritten
Manchmal läuft es nicht wie geplant. Trotz guter Vorbereitung überkommt dich die Höhenangst plötzlich wieder, vielleicht sogar an einer Stelle, die du bereits gemeistert hattest. Lass dich davon nicht entmutigen. Rückschritte gehören zum Prozess. Die Tagesform spielt eine grosse Rolle, genauso wie Wetter, mentale Belastung oder körperliche Verfassung. Wichtig ist, dranzubleiben und solche Erlebnisse als Teil des Weges zu verstehen, nicht als Scheitern.
Geführte Touren: Sicherheit durch Erfahrung
Geführte Wanderungen sind eine ideale Möglichkeit, dich in sicherem Rahmen an schwierigeres Terrain heranzutasten. Du musst die Route nicht selbst planen, profitierst vom lokalen Wissen und erhältst unterwegs gezielte Unterstützung – ruhig, professionell und auf Augenhöhe. Viele Wanderleiter oder Bergführer sind auf das Thema Höhenangst sensibilisiert und wissen, wie sie dich unterstützen können, ohne Druck aufzubauen.
Hol dir professionelle Hilfe
Wenn du das Gefühl hast, alleine nicht weiterzukommen, ist es absolut sinnvoll, dir professionelle Unterstützung zu holen. Das kann eine psychologische Beratung sein, aber auch gezieltes Techniktraining oder ein Coaching mit einem spezialisierten Wanderleiter oder Bergführer. Hier bekommst du das nötige Handwerkszeug für mehr Selbstvertrauen, bessere Trittsicherheit und solide Entscheidungsfähigkeit in schwierigen Situationen.
Ausrüstung
Auch wenn Ausrüstung deine Höhenangst nicht heilen kann, spielt sie dennoch eine wichtige Rolle. Denn sie kann dir helfen, dich sicherer zu fühlen, vorausgesetzt, sie passt zur Route, zum Gelände und zu deinem Können. Hier einige Punkte, die du besonders beachten solltest:
Trekkingstöcke: Unterstützung mit Einschränkungen
Trekkingstöcke geben dir zusätzlichen Halt, vor allem auf stabilen Wegen, in Aufstiegen oder bei langen Abstiegen. Besonders auf schlüpfrigem Untergrund wie Schneefeldern, Wiesen oder Matsch leisten sie gute Dienste. Auch bei schwerem Rucksack sorgen sie für Entlastung.
Aber: In steinigem, blockigem oder sehr schmalem Gelände können Stöcke zur Stolperfalle werden, weil die Koordination schwieriger wird. Achte also darauf, wo und wie du sie einsetzt. Manchmal ist es daher sicherer, sie vorübergehend zu verstauen.
Gute Schuhe: Unverzichtbar
Deine Schuhe sind das wichtigste Ausrüstungsteil. Eine griffige Sohle mit gutem Profil, fester Sitz und stabiler Schaft ist die Grundausstattung für sicheres Gehen im alpinen Gelände. Wer hier spart, spart definitiv am falschen Ende. Gute Schuhe geben dir Halt, verbessern deine Trittsicherheit und helfen dir, auch heikle Stellen mit mehr Vertrauen zu meistern.
Leichter Rucksack: Weniger ist mehr
Ein überladener Rucksack zieht nicht nur an den Schultern, sondern auch am Selbstvertrauen. Je schwerer du unterwegs bist, desto schneller ermüdest du – körperlich und mental. Pack also nur das ein, was du wirklich brauchst. Alles Relevante wie Wetterschutz, Erste Hilfe, Wasser und Verpflegung muss natürlich mit, aber der überdimensionierte Thermosbecher oder das Buch für die Hütte kann auch mal zuhause bleiben.
Sicherheitsausrüstung: Nur mit Know-how
Bei Wegen mit Seil- oder Kettensicherungen kann es sinnvoll sein, sich zusätzlich zu sichern, etwa mit Klettersteigset oder Seil. Aber Achtung: Das ist nur sinnvoll, wenn du die entsprechenden Techniken wirklich beherrschst. Improvisierte Lösungen mit einem Stück Seil und Haushaltsknoten sind keine Option. Sie schaffen keine Sicherheit, sondern gefährden dich und andere.
Wenn du den Umgang mit Sicherungstechniken nicht beherrschst, ist es besser, dich an einen Profi zu wenden. Ein erfahrener Bergführer weiss, wann und wie er dich sinnvoll sichert, ohne dir ein falsches Sicherheitsgefühl zu geben.
Training gegen Höhenangst beim Wandern
Mit unserem spezifisch auf dich zugeschnittenen Höhenangst Training lernst du sowohl Techniken für akute Situationen als auch Methoden zur langfristigen Verbesserung und Kontrolle kennen. Unter der professionellen Leitung eines ausgebildeten Wanderleiters machst du dich auf den Weg zu einem Leben ohne Höhenangst und Unsicherheit am Berg.
Du bist nicht selbst von der Höhenangst betroffen, sondern dein:e Wanderpartner:in?
Höhenangst betrifft nicht nur die betroffene Person, sondern stellt auch die Begleitpersonen vor eine echte Herausforderung. Plötzlich stellt sich die Frage: Wie reagiere ich richtig, ohne Druck aufzubauen, aber auch ohne planlos zu wirken?
In der Akutsituation: Ruhe bewahren, nicht drängen
Das Wichtigste: Bleib ruhig. Deine Gelassenheit überträgt sich auf die andere Person und hilft ihr, wieder Fuss zu fassen. Unterstütze sie aktiv, mit Ruhe, Geduld und Verständnis. Das bedeutet auch: Kein Drängen zum Weitergehen. Aussagen wie "Komm schon, so schlimm ist das doch nicht" sind zwar gut gemeint, helfen aber im Moment der Angst überhaupt nicht. Im Gegenteil: sie können die Situation verschärfen.
Praktische Unterstützung beim Weitergehen
Wenn ihr euch für das Weitergehen entscheidet, lauf mit etwas Abstand vor der betroffenen Person und biete ihr so einen visuellen Fixpunkt. In besonders ausgesetzten Passagen kann es hilfreich sein, die Hand zu reichen oder kurz den Arm zu stützen, sofern das Gelände und die Situation das zulassen.
Verzichte unbedingt auf improvisierte technische Sicherungen. Diese Massnahmen vermitteln nicht nur eine falsche Sicherheit, sondern können im schlimmsten Fall zu Mitreissunfällen führen. Wenn eine Seilsicherung nötig erscheint, sollte das ausschliesslich durch erfahrene Bergführer erfolgen, die das Gelände kennen und wissen, wie solche Situationen professionell abgesichert werden.
Umkehren? Eine gemeinsame Entscheidung mit Blick aufs Ganze
Wenn dein:e Wanderpartner:in den Wunsch äussert, umzudrehen, nimm das ernst. Gleichzeitig gilt es, die Gesamtsituation mit einzubeziehen: Wie weit ist es zurück? Droht schlechtes Wetter oder die Dunkelheit? Gibt es vielleicht sogar eine schnellere und sichere Alternative über die ausgesetzte Passage, die zu einer Hütte oder Seilbahn führt?
Die Entscheidung für den Rückweg ist keine Schwäche, wenn sie verantwortungsvoll getroffen wird. Ist eine Umkehr problemlos möglich, sollte sie nicht durch sportlichen Ehrgeiz blockiert werden. Zeigt euch gegenseitig Respekt – auch für persönliche Grenzen – und handelt immer im Sinne der gemeinsamen Sicherheit.
FAQ's Höhenangst beim Wandern
Ja, in vielen Fällen kannst du trotz Höhenangst wandern – wenn du deine Touren sorgfältig auswählst und dich nicht überforderst. Leichte, breite Wege ohne ausgesetzte Passagen sind oft gut machbar und helfen dir, erste positive Erfahrungen zu sammeln.
Wichtig sind: realistische Selbsteinschätzung, passende Routenwahl, gutes Wetter und die Bereitschaft, rechtzeitig umzudrehen, wenn es sich nicht mehr gut anfühlt.
Höhenangst ist in erster Linie eine Angstreaktion: Gedanken wie "Ich stürze gleich ab", Herzrasen und Panik stehen im Vordergrund. Höhenschwindel ist eher ein Gleichgewichtsphänomen: Dir wird schwindlig, weil dein Gleichgewichtssystem mit der grossen Tiefe und den optischen Eindrücken überfordert ist.
Beides kann gleichzeitig auftreten – für die Praxis ist vor allem wichtig, dass du exponierte Stellen kontrolliert sowie sehr vorsichtig und gut gesichert angehst.
Typische Anzeichen von Höhenangst beim Wandern sind:
- weiche Knie, Zittern, Schwindelgefühle
- Herzklopfen, flache Atmung
- Tunnelblick auf den Abgrund
- Blockade: Du kannst dich kaum noch vor- oder rückwärts bewegen
- Hohe muskuläre Anspannung
Wenn diese Reaktionen vor allem in der Höhe auftreten und dich deutlich einschränken, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass du unter Höhenangst oder einer spezifischen Höhenphobie leidest.
Eine gute Vorbereitung entschärft viele Situationen:
- Route im Voraus genau prüfen (Topo, Fotos, Erfahrungsberichte)
- Nur Touren wählen, die deutlich unter deiner vermuteten Belastungsgrenze liegen
- Wetterbericht checken – bei Nässe, Wind oder Nebel verschärfen sich viele Ängste
- Früh starten, damit kein Zeitdruck aufkommt
Mental hilft es, sich den Weg vorzustellen und zu visualisieren, wie du ruhig und konzentriert gehst.
Geeignet sind vor allem:
- breite Wanderwege ohne Absturzgefahr
- Touren im Wald oder über Wiesen statt Gratwege
- Wege mit vielen Ausstiegsmöglichkeiten (z.B. Zwischenseilbahn, Bus)
- offizielle "leichte" Wanderwege ohne rote/weisse oder blau/weisse Markierung (bzw. ohne rote oder schwarze Markierung in den Deutschen Alpen oder Österreich)
Schmale Gratwege, steile Schotterhänge oder Suonen und Steige mit viel Luft unter den Füssen solltest du anfangs eher meiden.
Wenn die Höhenangst dich mitten auf der Tour erwischt:
- Anhalten, stabil stehen oder – wenn möglich – hinsetzen
- Tief und ruhig in den Bauch atmen, langsamer aus- als einatmen
- Blick weg vom Abgrund, hin zum Fels/Hang oder auf den Weg direkt vor dir
- Den nächsten kleinen Schritt planen, nicht den ganzen Grat
Sprich mit deiner Begleitung, statt alles still in dir auszumachen. Ein ruhiges Gespräch kann in solchen Situationen sehr beruhigend wirken.
Hilfreich sind einfache Techniken, die du jederzeit anwenden kannst:
- 4-6-Atmung: 4 Sekunden einatmen, 6 Sekunden ausatmen, sofern es die Anstrengung zulässt
- Body-Scan: Aufmerksamkeit Schritt für Schritt durch den Körper lenken (Füsse, Beine, Hände)
- Fokus-Technik: Fixiere ein nahes Ziel (Stein, Markierung) und geh bewusst bis dorthin
- Selbstgespräche: Sätze wie "Der Weg ist breit genug" oder "Ich setze einen sicheren Schritt nach dem anderen" laut oder leise wiederholen
Solche Übungen senken die Stressreaktion und holen dich zurück in den Moment.
Langfristig helfen vor allem behutsame Konfrontation und Training:
- sehr leichte Touren in sicherem Gelände starten
- die Schwierigkeit nur in kleinen Schritten steigern
- wiederholt positive Erfahrungen in der Höhe sammeln
- eventuell mit einem professionellen Wanderleiter/Bergführer arbeiten, die auf Höhenangst spezialisiert sind
Wichtig: Du musst deine Höhenangst nicht komplett loswerden. Ziel kann auch sein, gut damit umgehen zu können und deine persönliche Komfortzone etwas zu erweitern.
Gefährlich wird Höhenangst vor allem dann, wenn du:
- dich in sehr ausgesetztes Gelände wagst
- in Panik gerätst und unkontrolliert reagierst
- deine eigenen Grenzen ignorierst
Panik kann zu Fehltritten, Stürzen oder riskanten Aktionen führen. Mit der richtigen Tourenwahl, defensiver Planung und dem Mut, auch mal umzudrehen, lässt sich das Risiko aber deutlich reduzieren.
Folgende Ausrüstung kann das Sicherheitsgefühl deutlich erhöhen:
- Trekkingstöcke: für mehr Stabilität und Balance
- Schuhe mit gutem Profil: mehr Grip bedeutet mehr Vertrauen in den eigenen Schritt
- Möglichst leichter Rucksack: ein schwerer Rucksack neigt dazu, dich in eine Richtung zu ziehen, was die Balance schwieriger macht
Ausrüstung ersetzt aber nie eine ehrliche Einschätzung deiner Fähigkeiten.
